Eingliederungshilfe in Hessen durch Zusammenarbeit mit den anderen Rehabilitationsträgern voranbringen

Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und Bündnis 90/Die Grünen für ein Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (Drs. 19/6413)

Aktualisiert am: 09.05.2024 3 Min. Lesezeit

Vorbemerkung

Maßnahmen der Eingliederungshilfe sollen Menschen mit Behinderungen eine individuelle Lebensführung ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht und die volle wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft fördern. Eingliederungshilfe soll behinderte Menschen befähigen, ihre Lebensplanung und -führung möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können.

Zusammenfassung

In Hessen beziehen derzeit über 65.000 Menschen Eingliederungshilfe, davon rund 20.000 in Werkstätten für Behinderte Menschen. Die Kosten der Eingliederungshilfe betragen rund 1,5 Milliarden €. Mit dem Bundesteilhabegesetz (vom 20.12.2016, BGBl I Seite 3234) wird die Eingliederungshilfe erheblich umgestaltet und stärker auf den individuellen Bedarf ausgerichtet. Bis zum Jahr 2020 werden die Fachleistungen der Eingliederungshilfe (das sind: Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung und zur sozialen Teilhabe) vollständig aus dem SGB XII (Sozialhilfe) herausgelöst und als zweiter Teil in das SGB IX integriert. Die existenzsichernden Leistungen (u.a. Kosten der Unterbringung und Verpflegung) werden weiterhin nach dem SGB XII erbracht. Die Unterscheidung zwischen einer Unterbringung in ambulanten oder stationären Einrichtungen entfällt. Diese und weitere Änderungen erfordern ein neues hessisches Ausführungsgesetz. Die VhU unterstützt das Ziel, Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe, Selbstbestimmung und Entfaltung zu ermöglichen. Mit dem hessischen Umsetzungsgesetz zum Bundesteilhabegesetz besteht die große Chance, Rehabilitationsbedarfe früher zu erkennen, die Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger vor Ort zu verbessern, durch Messung von Wirkung und Wirtschaftlichkeit Hilfeleistungen zielgerichteter zu erbringen und so auch insgesamt mehr Menschen für den ersten Arbeitsmarkt zu gewinnen bzw. im ersten Arbeitsmarkt zu halten. Die Träger der Eingliederungshilfe sind Teil des gegliederten Rehabilitationssystems. Dessen Stärke ist die Spezialisierung und das große Fachwissen im jeweiligen Bereich. Schwäche ist das Sektorendenken und die zu oft nicht oder erst spät einbezogenen Möglichkeiten der anderen Rehabilitationsträger. Schon das SGB IX (2001) hat hier eine stärkere Zusammenarbeit der Träger eingefordert. Dies wird mit dem Bundesteilhabegesetz weiter verstärkt (u. a. Teilhabeplankonferenz, Gesamtplankonferenz). Der vorliegende Gesetzentwurf nimmt den Gedanken einer zwingend erforderlichen besseren Zusammenarbeit der Eingliederungshilfeträger mit den anderen Rehabilitationsträgern (vor allem Kranken und Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit, Unfallversicherungsträger) leider überhaupt nicht auf. Dabei wird die systematische Einbeziehung anderer Rehabilitationsträger umso dringlicher, weil die Fachleistungen der Eingliederungshilfe von den existenzsichern den Leistungen zukünftig getrennt und nicht mehr pauschal erbracht werden. Hierdurch kommt es erfreulicherweise zu mehr Transparenz, aber auch zu Kostenverschiebungen, die nicht zu einem unbegründeten Wegfall erforderlicher Teilhabeleistungen führen dürfen. Das hessische Umsetzungsgesetz sollte hier nachgebessert werden. Der hessische Gesetzgeber und die Träger der Eingliederungshilfe sollten die erweiterten Möglichkeiten des Bundesteilhabegesetzes im Sinne von bedarfsgerechten, zielgerichteten und wirtschaftlichen Leistungen für die Betroffenen nutzen.

Die VhU fordert:

  1. Eingliederungshilfeträger in Hessen zur Zusammenarbeit mit anderen Rehabilitationsträgern verpflichten.
  2. „Gemeinsame Empfehlungen“ (u.a. Reha Prozess) verbindlich machen.
  3. Hessische Eingliederungsträger und Träger der Jugendhilfe sollten beim Bundesvergleich der Bedarfsermittlungsinstrumente mitmachen.
  4. Übergang von Werkstatt für Behinderte Menschen in den ersten Arbeitsmarkt forcieren.
  5. Mit Wirksamkeits- und Wirtschaftlichkeitsvergleich Eingliederungshilfe bei Qualität und Kosten voranbringen.
  6. Wirkungs- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchung auch für Verwendung der Ausgleichsabgabe einführen.

Ansprech­partner

VhU, Landesgeschäftsstelle
Dr. Stefan Hoehl

Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik

069 95808-200