Wohnungspolitik: Deregulierung für neuen Wohnraum

Mehr Deregulierung für mehr neuen Wohnraum: Bau- und Immobilienpolitische Anliegen der hessischen Wirtschaft an die Bundespolitik

10.03.2025 5 Min. Lesezeit
Das Podium der wohnungspolitischen Pressekonferenz (v.l.n.r.): Dr. Burkhard Siebert (Bauindustrieverband), Kai Emmeluth (Baugewerbeverband), Thomas Reimann (VhU), Gerald Lipka (BFW Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen HRS), Jens Jacobi (Haus & Grund Frankfurt am Main).

Frankfurt am Main. In Hessen haben sich die Baugenehmigungen seit 2021 halbiert, ebenso sind seit 2021 die Baukosten um ein Drittel gestiegen. Der Wohnungsmangel führt dazu, dass Unternehmen offene Stellen nicht besetzen können, weil potenzielle Mitarbeiter keine Wohnung in der Nähe der Arbeit finden. Was die künftige Bundesregierung und der Deutsche Bundestag dazu beitragen können, dass wieder mehr gebaut wird, haben Ver­bände der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie die Vereinigung der hessischen Unterneh­merverbände (VhU) heute in einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main aufgezeigt.

Die zentrale Forderung ist, übermäßige Regulierung im Bau- und Wohnungssektor abzu­bauen. Dadurch ließen sich Baukosten senken und wieder mehr private Investitionen in Wohnraum ermöglichen. Dazu sollte der Bund zügig den Gebäudetyp E auf den Weg bringen, damit Baustandards rechtssicher gesenkt werden können. Die Mietpreisbremse und die abgesenkte Kappungsgrenze sollten abgeschafft werden, da sie Anreize für private Investitionen in Wohnungen verringern. Außerdem fordern die Verbände, dass Bürokratie abgebaut wird, beispielsweise bei der Genehmigung von Schwerlasttransporten.

Thomas Reimann, VhU-Vizepräsident und Vorstandsvorsitzender der ALEA Hoch- und Industriebau AG aus Frankfurt, sagte: „Wir brauchen jetzt dringend weniger Regulierung, sowohl beim Bau von Wohnungen wie auch im Wohnungsmarkt. Die Baukosten müssen runter und der Wohnungsmarkt muss wieder attraktiver für private Investitionen werden.“

Verwundert zeigte sich Reimann darüber, wie wenig über die negativen Folgen der Miet­regulierung im Bundestagswahlkampf gesprochen wurde: „Durch die Mietpreisregulierung liegen Bestandsmieten deutlich unter den Neumieten. Ältere Menschen haben einen hohen Anreiz in der alten, großen Wohnung zu bleiben, da die neue, kleinere Wohnung teurer wäre. Darunter leiden vor allem junge Familien, die keine große Wohnung finden. Durch hohe Neuvertragsmieten werden zudem junge Menschen besonders belastet, da sie häufiger umziehen. Für die Rhein-Main-Region wird es zur Wachstumsbremse, wenn junge Menschen keine Wohnung finden und junge Familien abwandern. Um als Standort attraktiv zu bleiben, müssen wir Mietregulierung abbauen und für mehr Wohnungen sorgen.“

Kai Emmeluth, Vizepräsident des Verbands baugewerblicher Unternehmer Hessen und Geschäftsführer der Emmeluth Baugesellschaft mbH aus Kassel, warb für weniger staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt, um langfristig das Angebot an Wohnungen wieder zu erhöhen: „Die Politik hat sich 2015 mit der Einführung der Mietpreisbremse Zeit erkauft, hat es aber dann leider verschlafen, für mehr Wohnungsbau zu sorgen. Zehn Jahre nach Einführung der Mietpreisbremse leiden viele unter dem Wohnungsmangel: die Mieten sind hoch, es gibt kaum beziehbare Wohnungen. Mietpreisbremse und abgesenkte Kappungs­grenze müssen abgeschafft werden, damit es wieder mehr private Investitionen in Wohnungen gibt.“

Dr. Burkhard Siebert, Hauptgeschäftsführer Bauindustrieverband Hessen-Thüringen, sprach sich für weniger Bürokratie und schnellere Genehmigungsverfahren aus: „Die aktuelle Diskussion um Sondervermögen und Schuldenbremse zeigt, Deutschland hat 30 Jahre über seine Verhältnisse gelebt. Wir müssen wieder produktiver werden und auf unnötigen Schnickschnack verzichten. Das irrsinnige deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz muss ausgesetzt werden. Das gilt zwar unmittelbar nur für große Unternehmen, es belastet jedoch kleine und große Unternehmen gleichermaßen. Denn kleine Unternehmen werden durch ihren Auftraggeber zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes verpflichtet.“

„Außerdem brauchen wir schnellere Genehmigungsverfahren. Es dauert bis zu 10 Wochen, um die Genehmigung für einen Schwerlasttransport zu erhalten. Und am Ende erlischt die Genehmigung, weil der zu transportierende Brückenteil ein bisschen weniger wiegt als beantragt. Genehmigungen für Schwerlasttransporte müssen schneller und praxisnäher funktionieren.“

Gerald Lipka, Geschäftsführer vom BFW Landesverband Freier Immobilien- und Woh­nungsunternehmen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland, sagte: „Die neue Bundesregierung könnte schnell und unkompliziert die Baukosten senken und den Bau von dringend be­nötigten Wohnungen ankurbeln. Deutschland braucht eine Reform des Bauvertragsrechts. Der Gebäudetyp E muss endlich kommen, damit rechtssicher auf nicht benötigte aber teure Standards verzichtet werden kann. Der in der letzten Legislaturperiode hierzu erarbeitete Gesetzentwurf ist allerdings untauglich und bedarf der grundlegenden Überarbeitung.“
Lipka schlug deshalb vor, eine Expertengruppe zu den Beratungen hinzuzuziehen.

Zudem forderte Lipka eine Reform der Grunderwerbsteuer: „Die neue Bundesregierung sollte den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglichen. So könnte der Kauf der ersten selbstgenutzten Immobilie von der Grunderwerbsteuer ausgenommen werden. Das ließe sich schnell umsetzen. Ein von der Ampel-Koalition nicht mehr umge­setzter Gesetzentwurf zur Grunderwerbsteuer liegt im Bundesfinanzministerium bereits in der Schublade.“

Jens Jacobi, Leiter Politik und Kommunikation von Haus & Grund Frankfurt am Main, warb für Vertragsfreiheit und warnte vor einer Übervorteilung privater Kleinvermieter: „Mit einer Ausweitung des Betrachtungszeitraums der Mietspiegel versucht die Politik, den Anstieg der Mietpreise auszubremsen. Besonders private Kleinvermieter treffen diese Eingriffe hart, da sie im Gegensatz zu großen Wohnungsgesellschaften nur eingeschränkten Zugang zu Krediten haben. Zum Erhalt der Wohnungen sind private Kleinvermieter im hohen Maße von ihren Mieteinnahmen abhängig. Um private Investitionen in Wohnungen attraktiver zu machen, sollte der Betrachtungszeitraum von Mietspiegeln wieder von 6 auf 4 Jahre verkürzt werden.“

Bei Indexmieten wird der Mietpreis an die Inflationsentwicklung gekoppelt. Im Gegenzug entfallen andere Formen der Mietanpassung. „Viele Jahre haben Mieter durch eine geringe Inflationsrate und steigende Reallöhne von Indexmietverträgen profitiert, während Vermieter kaum profitieren konnten. Wenn Mieter und Vermieter das miteinander vereinbaren, ist das in Ordnung. Es kann aber nicht sein, dass der Staat bei einer vorübergehend hohen Inflationsrate dann in die Vertragsfreiheit eingreift, weil ihm das Ergebnis nicht gefällt. Indexmieten müssen weiter möglich bleiben und sollten keinesfalls abgeschafft oder gedeckelt werden“, so Jacobi abschließend.

Alle ausführlichen Statements zur wohnungspolitischen Pressekonferenz (pdf-Datei)

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