Stärkung der Bundeswehr

Stellungnahme der VhU zum FDP-Gesetzentwurf zur Stärkung der Bundeswehr in Hessen vom 05.03.2025

05.03.2025 6 Min. Lesezeit

Hintergrund

Zur Stärkung der Bundeswehr in Hessen schlägt die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag Änderungen des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) und des Hessischen Hochschulgesetzes (HessHG) sowie weiterer landesrechtlicher Regelungen vor. Der Hauptausschuss hat in diesem Zusammenhang die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) um Stellungnahme zum Gesetzentwurf gebeten.

Das mit dem Gesetzentwurf intendierte Ziel einer Stärkung der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und einer Schaffung besserer Rahmenbedingungen für eine effektivere Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und zivilen Akteuren ist aufgrund der – u. a. durch den Angriff Russlands auf die Ukraine und das Agieren der neuen US-Regierung – veränderten internationalen sicherheitspolitischen Lage aus Sicht der VhU richtig. Entsprechend befürwortet die VhU den vorliegenden Gesetzentwurf grundsätzlich.

Im Einzelnen

In Bezug auf die Hauptpunkte des Gesetzentwurfes und die konkret vorgesehenen Anpassungen im Bereich des HSchG und des HessHG nimmt die VhU wie folgt Stellung:

  • Artikel 1 – Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes

    zu 1. "Die Hochschulen sollen mit Einrichtungen der Bundeswehr zusammenarbeiten. Sie sind zur Zusammenarbeit verpflichtet, wenn und soweit das zuständige Ministerium auf Antrag der Bundeswehr feststellt, dass dies im Interesse der nationalen Sicherheit erforderlich ist."

Hochschulen sind die zentralen Akteure im Bereich Forschung und Entwicklung. Eine Zusammenarbeit mit der Bundeswehr ihrerseits ermöglicht es, innovative Technologien und Strategien zu entwickeln, die zur Verteidigungsfähigkeit beitragen. Angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen sind entsprechende Kooperationen aus Sicht der VhU dringend angeraten.

Viele wissenschaftliche Erkenntnisse sind nicht eindeutig zivil oder militärisch, sondern fallen in den Bereich der Dual-Use-Technologie. Innovationen wie GPS, das Internet oder moderne Materialwissenschaften entstanden aus militärischer Forschung, finden heute aber breite zivile Anwendung. Eine künstliche Trennung zwischen ziviler und militärischer Nutzung behindert den Fortschritt in beiden Bereichen und schadet Deutschlands Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit.

Das in Satz 1 vorgesehene Kooperationsgebot findet daher uneingeschränkte Zustimmung der VhU. Ebenfalls unterstützt die VhU den in Satz 2 zum Ausdruck kommenden Tenor, wobei hier offene Fragen bleiben, die es aus Sicht der VhU im Vorfeld zu klären gilt: So bleibt unklar, wie ein entsprechendes Antragsverfahren ablaufen kann, wer auf welcher Grundlage das „nationale Interesse“ definiert oder wie Hochschulen zur Zusammenarbeit rein praktisch verpflichtet werden könnten. Aus Sicht der VhU bedarf es weitergehender Ausführungen hierzu.

zu 2. "Erzielte Forschungsergebnisse dürfen auch für militärische Zwecke der Bundesrepublik Deutschland oder der NATO-Bündnispartner genutzt werden. Eine Beschränkung der Forschungsfreiheit auf zivile Nutzungen (Zivilklausel) ist unzulässig."

Die Freiheit von Wissenschaft und Forschung ist grundgesetzlich geschützt. Zivilklauseln, die militärisch nutzbare Forschung verbieten, sind aus Sicht der VhU schon insofern fragwürdig. Gleichzeitig stellen Kooperationsverbote ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Bundeswehr dar, was aus Sicht der VhU nicht nur deshalb problematisch ist, weil die Bundeswehr im Grundgesetz verankert und im Staatsinteresse tätig ist, sondern auch, weil es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bevormundet und ihnen die Kompetenz abspricht, selbst ein Urteil in Bezug auf eine etwaige Zusammenarbeit oder die Einwerbung von Drittmitteln von militärischer Seite zu treffen.

Die Intention der Regelung findet daher die Zustimmung der VhU. Lediglich mit Blick auf die Gleichsetzung der NATO-Bündnispartner mit der Bundesrepublik Deutschland empfiehlt die VhU – u. a. mit Blick auf Rüstungsexportrecht und die EU-Dual-Use-Verordnung, aber auch zum Schutz deutscher Interessen – eine Änderung und Beschränkung auf die Bundesrepublik Deutschland.

  • Artikel 2 – Änderung des Hessischen Schulgesetzes

    "Die Schulen arbeiten mit den Jugendoffizieren der Bundeswehr im Rahmen der politischen Bildung zusammen. Die Karriereberater der Bundeswehr und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben dürfen im Rahmen schulischer Veranstaltungen zur beruflichen Orientierung über Berufs- und Einsatzmöglichkeiten in ihrem Bereich informieren."

Der Einsatz von Jugendoffizieren der Bundeswehr im Rahmen der politischen Bildung an Schulen stärkt das Verständnis von Sicherheitspolitik und von Auftrag sowie Tätigkeit der Bundeswehr als Parlamentsarmee. Aus Sicht der VhU erfüllen die Jugendoffiziere damit eine Aufgabe von zentraler Wichtigkeit. Gleichzeitig sind sie für diese Aufgabe aufgrund ihrer umfangreichen, auch methodisch-didaktischen, Ausbildung ideal qualifiziert und stellen durch die Verfolgung der Prinzipien des Beutelsbachers Konsenses zudem sicher, dass ein angemessener Umgang mit Schülerinnen und Schülern stattfindet.

Die sicherheitspolitische Lage hat sich in der jüngsten Vergangenheit – nicht zuletzt durch die russische Invasion in der Ukraine – verändert und Fragen der Sicherheitspolitik und ihrer komplexen Zusammenhänge aktuell noch stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass Aktivitäten fremder Staaten im Bereich Desinformation in Deutschland zugenommen haben und es erhöhter Sensibilität sowie guter Kompetenzen zur kritischen Auseinandersetzung mit Informationen bedarf. Insbesondere vor diesem Hintergrund stellt die Auseinandersetzung mit entsprechenden Fragestellungen im schulischen Kontext für die VhU ganz aktuell einen absolut notwendigen und äußerst relevanten Beitrag zur Demokratiebildung dar.

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen begrüßt die VhU ausdrücklich die zuletzt von Staatsminister Schwarz, verlautbarte Intensivierung der Zusammenarbeit von Jugendoffizieren und Hessischem Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen. Gleichzeitig unterstützt die VhU das Ansinnen des vorliegenden Gesetzentwurfes in Bezug auf die in Satz 1 vorgesehene Verankerung des Einsatzes von Jugendoffizieren zur politischen Bildung an Schulen im Hessischen Schulgesetz.

Politische Bildung darf aus Sicht der VhU nicht zur Bewerbung einzelner Arbeitgeber, auch nicht von staatlichen Arbeitgebern wie der Bundeswehr, genutzt werden. Mit Blick auf Satz 2 wird aus Sicht der VhU jedoch hinreichend deutlich gemacht, dass zwischen politischer Bildung und Nachwuchswerbung im schulischen Kontext unterschieden wird und eine klare Abgrenzung zu erfolgen hat.

Die in Satz 2 vorgesehene grundsätzliche Ermöglichung der Teilnahme von Vertretern der Bundeswehr oder anderer Sicherheitsbehörden an schulischen Veranstaltungen zur beruflichen Orientierung hält die VhU ebenfalls für zielführend, insbesondere vor dem Hintergrund der für die Verteidigungsfähigkeit auch zukünftig weiterhin notwendigen Fachkräfte.

Im Ergebnis unterstützt die VhU die intendierten Neuerungen, schlägt jedoch eine Klärung und Ergänzungen i. Z. m. den aufgeworfenen Fragen bzgl. der Änderungen beim Hessischen Hochschulgesetz vor.

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