Stellungnahme vom 28.07.2023 an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zum FNB Gas Planungsbericht des Wasserstoff-Kernnetzes
FNB Gas Planungsbericht des Wasserstoff-Kernnetzes
Zusammenfassung
Wasserstoff wird voraussichtlich eine wichtige Rolle beim Umbau des Energiesystems hin zur Treibhausgasneutralität spielen. Mit Wasserstoff als Energieträger wird die Speicherung und der Transport von erneuerbaren Energien einfacher und potentiell auch wirtschaftlicher, vor allem wenn bestehende Kapazitäten genutzt werden können. Darüber hinaus kann Wasserstoff durch "Power-to-X"-Prozesse in andere Energieträger umgewandelt werden. Solche synthetisch hergestellten Brennund Kraftstoffe haben die gleichen Eigenschaften wie ihre fossilen Pendants und sind so auch für Branchen geeignet, in denen eine Elektrifizierung nicht oder nur teilweise möglich bzw. wirtschaftlich sinnvoll ist.
Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände begrüßt daher die Initiative der Bundesregierung zur Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes und den damit verbundenen Aufbau von Wasserstoff-Fernnetzen bis 2032 ausdrücklich.
Kritisch anzumerken ist, dass im Planungsstand von FNB Gas zum Wasserstoff-Kernnetz wichtige Punkte nicht beleuchtet werden, die eine abschließende Bewertung erschweren. Die Unschärfe im Planungsentwurf und in der Übersichtskarte lassen Fragen offen, insbesondere hinsichtlich der genauen Standorte für Aus- und Einspeisungen oder möglicher Verteilerstationen. Auch die Leitungskapazität einzelner Netzabschnitte ist nicht angegeben. Im Rahmen des weiteren Verfahrens sollten
detailliertere Informationen zur Verfügung gestellt werden.
Leider ist auch festzustellen, dass im Planungsstand als Kriterien für die Wirtschaftszweige, die zunächst einen direkten Zugang zum Kernnetz erhalten sollen, nur Eisen, Stahl, Chemie, Raffinerien, Glas und Keramik genannt werden. Diese politische Auswahl ist nicht technologieoffen und schließt andere, insbesondere energieintensive Branchen aus. So sind beispielsweise die Hersteller von Pappe, Papier oder mineralischen Produkten bei der Transformation zur Klimaneutralität auf Wasserstoff angewiesen, der zum einen als Ersatz für Erdgas in speziell befeuerten Trocknungsprozessen eingesetzt wird und zum anderen in industriellen KWK-Anlagen zur Sicherung der Grundlast benötigt wird. Der Zugang zum Wasserstoffnetz muss unabhängig von der Branche sein, in der ein Unternehmen tätig ist.
Darüber hinaus sind in der aktuellen Planung viele Regionen Hessens nicht im Wasserstoff-Kernnetz berücksichtigt: Nur in Teilen des Rhein-Main-Gebiets, im Kreis Groß-Gerau und in Kassel sind Ausspeisepunkte vorgesehen. Weite Teile Süd- und Nordhessens bleiben unberücksichtigt. Ost- und Mittelhessen etwa gehen völlig leer aus. Ein solcher Verlauf des Kernnetzes würde dazu führen, dass ein Großteil der hessischen Wirtschaft zunächst keinen leitungsgebundenen Zugang zum Energieträger Wasserstoff erhält und damit Dekarbonisierungspotenziale nicht oder nicht vollständig ausschöpfen kann. Dies beeinträchtigt mittelfristig die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Hessen.
In den Industrieregionen Hessens gibt es zahlreiche Unternehmen, die in den im Planungsstand als Kriterium genannten Wirtschaftszweigen tätig sind und bereits heute Wasserstoffbedarf anmelden
Eine Anbindung an das Kernnetz ist bisher nicht vorgesehen, obwohl dies zu einer Dekarbonisierung der Produktionsprozesse führen könnte und somit die Kriterien des Planungsstandes für eine Berücksichtigung erfüllt. Diese Betriebe sollten dringend im Planungsstand berücksichtigt und schnellstmöglich an das Wasserstoff-Kernnetz angeschlossen werden. Die benötigte Bedarfsabfrage, der nicht im ersten Schritt berücksichtigten Betriebe, sollte dann sofort nach Abschluss des Konsultationsprozesses in der zweiten Phase gestartet werden.
Mit DELTA (Darmstädter Energie-Labor für Technologien in der Anwendung) ist sogar eines der wenigen Energiewende-Reallabore des BMWK in Darmstadt angesiedelt. Hier wird unter anderem die Mehrfachnutzung der Wasserstoff-Elektrolyse am Müllheizkraftwerk Darmstadt erforscht. Da die Deklaration als Reallabor der Energiewende ein besonderes Kriterium für die Berücksichtigung darstellt, sollte Darmstadt nicht nur wegen seines Industriestandorts in den Planungsstand für das Wasserstoff-Kernnetz aufgenommen werden.
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