Hessisches Energiegesetz

Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Energiegesetzes vom 31.08.2022

31.08.2022 4 Min. Lesezeit

Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund der dramatischen Zuspitzung der Energiekrise im Frühjahr und Sommer 2022 in Deutschland müssen Landtag und Landesregierung alle Neuregelungen unterlassen, die zusätzliche finanzielle oder administrative Belastungen für Unternehmen verursachen. Angesichts einer Verzehnfachung der Gaspreise und der Strompreise gegenüber dem Vorjahr für die Lieferung auf Jahresfrist darf die Politik keine Zusatzbelastungen beschließen, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit heimischer Betriebe, insb. der Industrie, weiter verringern.

Nach Bewältigung der aktuellen Energiekrise muss der Umbau des Energiesystems hin zur Treibhausgasneutralität weitergehen. Innerhalb des vom Bund vorgegeben Rahmens sind landeseigene Maßnahmen, die den Ausbau der Stromerzeugung aus nachhaltigen Energiequellen unterstützen, grundsätzlich dann zu begrüßen, wenn sie auf den Wettbewerb auf Märkten und auf Technologieoffenheit setzen

Zudem darf der notwendige Ausbau von Erzeugungsanlagen nicht dazu führen, dass Landesregierung und Landtag den noch dringlicheren Ausbau der Stromnetze und der Stromspeicher aus dem Blick verlieren. Mehr hessische Wind- und Solarenergie nutzt wenig, solange neue Stromnetze und zusätzliche Speichermöglichkeiten fehlen.  

Der Maßstab, an dem sich die Energiepolitik des Landes messen lassen muss, sollte nicht die Anzahl an Stromerzeugungsauslagen aus bestimmten Energiequellen sein, sondern Stabilität und Sicherheit der Stromversorgung. Strom muss jederzeit in ausreichenden Mengen, möglichst kostengünstig und möglichst umweltschonend zur Verfügung stehen.

Kritisch zu hinterfragen ist die Intention des Referentenentwurfs, eine „Anreizwirkung für hessische Förderprogramme“ zu schaffen, indem bundesweit geltende Standards durch höhere Förderquoten übererfüllt werden.

Grundsätzlich sollte das Land davon absehen, Förderprogramme für einzelne Branchen oder Nutzergruppen zur Umsetzung von Klimaschutzauflagen aufzusetzen. Zwar muss der Staat Rahmenbedingungen so gestalten, dass Unternehmen und Haushalte die gesetzlichen Klimaschutzvorgaben auch tatsächlich erfüllen können. Das gilt auch und gerade für den Gebäudesektor.

Dies wird jedoch zu leichtfertig als Begründung für unterstützende staatliche Maßnahmen genommen. Für den Landeshaushalt ist ein Förderprogramm in Summe teuer – meist handelt es sich um Millionenbeträge –, für die einzelnen Förderbegünstigten aber oft zu wenig, als dass allein deswegen Maßnahmen umgesetzt werden. Dies führt zu Mitnahmeeffekten, da in der Praxis Maßnahmen staatlich bezuschusst werden, die ohnehin umgesetzt worden wären. Des Weiteren kann es Subventionen per Definition immer nur für einige wenige geben, die Mehrheit der Akteure geht leer aus.

Anstatt Bundesvorgaben für Gebäude durch landeseigene Maßnahmen zu übererfüllen, sollte Hessen sich für einen besseren Rechtsrahmen auf Ebene des Bundes einsetzen, damit der CO2-Ausstoß im Gebäudesektor sinkt.

Konkret muss der Staat dazu zwingen, den CO2-Ausstoß insgesamt zu reduzieren: Er sollte nicht das Verhalten einzelner mit Fördergeldern steuern, sondern Klimaschutz im Rechtsrahmen verankern. Dazu hat die EU den CO2-Deckel für Industrie, Stromerzeugung und innereuropäischen Luftverkehr eingeführt, der rund 45 Prozent des CO2-Ausstoßes der EU erfasst. Die Menge des zulässigen CO2-Ausstoßes wird von Jahr zu Jahr gesenkt. In den Sektoren, in denen der CO2-Deckel gilt, wird das Klimaziel erreicht – dank Zertifikatehandel technologieneutral und marktwirtschaftlich und deshalb tendenziell zu den geringsten Kosten. [nbsp

Für Gas und Öl im Gebäudesektor gibt es in Deutschland oder der EU noch keinen unmittelbar wirkenden CO 2 -Deckel. Nach Bewältigung der aktuellen Energiekrise muss sich ändern, damit auch VhU-Stellungnahme „Hessischen Energiegesetzes“ dort der CO 2 -Ausstoß verringert wird. Ein verbindlicher und sinkender CO 2 -Deckel für Gas und Heizöl sollte etabliert werden, entweder im nationalen Brennstoffemissionshandelsgesetz oder – noch besser – durch Einführung eines zweiten europäischen Emissionshandelssystems, wie von der EU-Kommission im Programm „fit for 55“ in 2021 vorgeschlagen. Gleichzeitig sollten in diesem Bereich Einzelregulierungen von Verboten bis hin zu Förderungen entfallen.

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