Abwasser: Finanzierung kommunaler Kläranlagen nicht Herstellern aufbürden

Chemie- und Pharmaprodukte nutzen alle Bürger. Deshalb sollten sie entsprechend zur Finanzierung des Umweltschutzes beitragen.

Aktualisiert am: 21.04.2024 2 Min. Lesezeit

Um was geht es?

Wer bezahlt die Abwasserreinigung?

Die EU-Kommission plant mit einer neuen kommunalen Abwasserrichtlinie die Herstellerverantwortung für die Entfernung von Spurenstoffen aus dem Abwasser rechtlich auszudehnen. Dazu hat sie erste Ideen für eine „erweiterte Herstellerverantwortung in der Wasserpolitik“ in ihrem Richtlinienentwurf vom Herbst 2022 vorgelegt. Ziel ist, die Industrie – und hier insbesondere chemisch-pharmazeutische Unternehmen - an den Kosten der Abwasserreinigung zusätzlich zu beteiligen.

Chemie- und Pharmaprodukte nutzen alle Bürger. Sie sollten entsprechend zur Finanzierung des Umweltschutzes beitragen.

Industrie müsste für Kommunen zahlen

Eine erweiterte Herstellerverantwortung im Wasserrecht würde zunächst für die Inverkehrbringer von Humanarzneimitteln und Kosmetikprodukten gelten. Diese Herstellerverantwortung müssten nach den EU-Plänen die Hersteller kollektiv wahrnehmen, indem sie sich einer neu zu schaffenden Organisation anschließen.

In zwei Stufen bis 2035 und 2040 müssten laut EU für die Kläranlagen der Kommunen vierte Reinigungsstufen verpflichtend eingeführt werden, die von den Pharmaunternehmen und Herstellern von Körperpflegemitteln finanziert werden müssten.

Was braucht die Wirtschaft?

Bürokratiekosten vermeiden

Eine einseitige finanzielle Belastung nur der Hersteller zur Konkretisierung des Verursacherprinzips ist aus Sicht der hessischen Wirtschaft nicht sachgerecht. Bei der Auslegung des Verursacherprinzips sind sämtliche Akteure – wie Hersteller und Handel sowie private und gewerbsmäßige Verbraucher – zu berücksichtigen.

Was ist zu tun?

Relevanz und Risiko prüfen

  • Die EU sollte nicht länger auf eine „erweiterte Herstellerverantwortung“ setzen, sondern auf das sog. Schweizer Modell mit einer Konsumentenabgabe. Denn alle Bürger nutzen Produkte der chemisch-pharmazeutischen Industrie und sollten entsprechend zur Finanzierung des Umweltschutzes beitragen. Überdies vermeidet das „Schweizer Modell“ Bürokratiekosten.
  • Eine einseitige Belastung der chemisch-pharmazeutischen Industrie zur Finanzierung der vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen muss vermieden werden.
  • Ein zielgerichteter sowie auf belastete Regionen bezogener Ausbau der Kläranlagen ist für die Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie sinnvoll.
  • Eine starre und auf die Größe der Kläranlagen (> 100.000 angeschlossene Einwohner) ausgerichtete flächendeckende Ausbaupflicht ist nicht zielführend.
  • Grundlage jeder umweltpolitischen Diskussion und Entscheidung über die Bedeutung von Spurenstoffen in Gewässern sollte eine fundierte wissenschaftliche Analyse und Bewertung sowie eine realistische Risikoabschätzung sein.

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Dr. Clemens Christmann

Stellvertretender Hauptgeschäftsführer

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