Novellierung der hessischen Verfüllrichtlinie

Ausreichend dezentrale Kapazitäten erhalten, Rückkehr zu einheitlichen Analyseverfahren, Praxistauglichkeit gewährleisten.

Aktualisiert am: 23.04.2024 4 Min. Lesezeit

Zusammenfassung

Als Folge des Baubooms in Hessen fallen große Massen mineralischer Bau- und Abbruchabfälle, wie z. B. Bodenmaterial, Bauschutt und Straßenaufbruch an. Diese Abfälle sind zum Großteil ökologisch unschädlich und müssen gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz - sachgerecht und möglichst günstig – verwertet, recycelt oder entsorgt werden.

Für die Verwertung stehen in Hessen derzeit ca. 86 Verfüllbetriebe zur Verfügung. Das sind üblicherweise aktive oder ehemalige Tagebaue, wie beispielsweise Steinbrüche oder Kies- und Sandgruben. Hier können, im Rahmen der Wiedernutzbarmachung, ungefährliche mineralische Bau- und Abbruchabfälle als Verfüllmaterial verwertet werden. Dies ist seit vielen Jahrzehnten gängige Praxis.

Wie diese ungefährlichen mineralischen Bau- und Abbruchabfälle in Tagebauen und anderen Abgrabungen verwertet werden können, ist unter anderem in der Hessischen Verfüllrichtlinie geregelt. Die Richtlinie regelt die Verfahrensweisen von der Anfallstelle bis zur Verwertung, die einzuhaltenden Grenzwerte je nach Verfüllhorizont und Lage der Tagebaue und berücksichtigt weitere rechtliche Grundlagen. Die Gültigkeit der aktuellen hessischen Verfüllrichtlinie wurde bis Ende 2020 verlängert, sie wird derzeit novelliert. Zuständig für die Novellierung der Richtlinie ist das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

In der Praxis ist zu beobachten, dass die in der Verfüllrichtlinie festgeschriebenen unterschiedlichen Analyseverfahren für die Verfüllungen in Wasserschutzgebieten (WSG) der Zone III und IIIA, Heilquellenschutzgebieten (HQS) der Zonen III und IIIA und außerhalb dieser Bereiche liegende Verfüllbetriebe zu Schwierigkeiten in der Anwendung führen.

Als Folge dieser Regelungen berichten Bauunternehmen – als Kunden der Verfüllbetriebe – von einer uneinheitlichen Praxis, wenn sie Baureststoffe zur Verwertung in unterschiedlichen Anlagen geben wollen. Für die Bauunternehmen bedeuten diese Unterschiede in der Anwendung der Richtlinie zusätzlichen Aufwand und Unsicherheit bei dem Umgang mit mineralischen Bau- und Abbruchabfällen, insbesondere bei unbelastetem Erdaushub.

Daher muss die Novellierung der Richtlinie genutzt werden, um die Unsicherheiten sowie den daraus resultierenden Mangel an ortsnahen, regionalen Verwertungskapazitäten schnell zu beheben. Dabei kann insbesondere auch ein Beitrag zur Dämpfung der steigenden Kosten für die ordnungsgemäße Verwertung mineralischer Bau- und Abbruchabfälle, und somit der gesamten Baukosten, geleistet werden.

Die hessische Verfüllrichtlinie muss ihrem Grundgedanken gerecht werden und auch künftig zulassen, dass insbesondere nicht gefährlicher Erdaushub mit vereinfachter Analytik, aber dennoch rechtssicher, auch in den Bereichen WSG Zone III und IIIa verwertet werden kann. So wird sichergestellt, dass die Verfüllbetriebe - als Anwender der Richtlinie - sowie deren Kunden, z. B. anliefernde Bauunternehmer und Stadtwerke, in der täglichen Praxis unkompliziert und rechtssicher handeln können, Engpässe vermieden und bessere ortsnahe Verwertungen ermöglicht werden.

Hierzu müssen aus Sicht der Wirtschaft die folgenden Maßnahmen bei der Novellierung der Richtlinie berücksichtigt werden:

  • Vereinfachungen bei der Verwertung nicht gefährlicher Böden, besonders auch in Wasserschutzgebieten (WSG) und Heilquellenschutzgebieten (HQS),
  • Aufnahme einer Regelung zur Annahme von Kleinmengen in WSG Zone III und IIIA
  • Festlegung einheitlicher und möglichst einfacher Analyseverfahren für den mittleren Verfüllbereich (ohne Unterscheidung der WSG Zonen), die Grenzwerte können dabei durchaus variieren,
  • Vereinfachung der Dokumentationspflicht und einheitliche Umsetzung der Überwachung durch die unterschiedlichen, genehmigenden Behörden,
  • Synchronisation der vorhandenen hessischen Regelungen, insbesondere die Harmonisierung des Merkblatts „Entsorgung von Bauabfällen“ und Verfüllrichtlinie,
  • Einbeziehung von Verbänden und Unternehmen bei der Novellierung,
  • Im Anschluss an die Novellierung: Durchführung regelmäßiger Dialogforen zur hessischen Verfüllrichtlinie mit Beteiligung der relevanten Akteure aus Unternehmen, Umweltministerium, Wirtschaftsministerium, Regierungspräsidien, kommunale Ver- und Entsorgungsbetriebe, Wirtschaftsverbänden und Kammern.

Als Ergänzung der Vorschläge zur Novellierung der hessischen Verfüllrichtlinie spricht sich die hessische Wirtschaft für die Entwicklung einer Landesstrategie zur Sicherung der Entsorgungskapazitäten aus. Eine hessische Landesstrategie zur Sicherung der benötigten Verfüllkapazitäten ist vom Land genauso zu entwickeln, wie die Deponiebedarfsprognose für nicht verwertbare Abfälle.

Ziel der Landesstrategie muss die Schaffung und Erhaltung der benötigten dezentralen Verfüllkapazitäten sein. Ebenso muss Rechts- und Planungssicherheit durch einfache Regelungen für die beteiligten Unternehmen gewährleistet werden. Das Land muss sich zur Notwendigkeit einer solchen Strategie bekennen und dies politisch unterstützen.

Ansprech­partner

Dr. Clemens Christmann

Stellvertretender Hauptgeschäftsführer

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