Mang: Diskussion um Vier-Tage-Woche schadet Wirtschaft und gesellschaftlichem Zusammenhalt
Forum Wirtschaft und Gesellschaft
Frankfurt am Main. „Arbeit ist nicht die unangenehme Unterbrechung der Freizeit. Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche schadet Wirtschaft und gesellschaftlichem Zusammenhalt gleichermaßen. Es ist ein Gebot der Solidarität, dass alle so viel leisten wie sie können. Nur so kann genug erwirtschaftet werden, um den Sozialstaat weiter aufrecht zu erhalten. Die Vier-Tage-Woche ist ein Symbol für das Prinzip ‚mehr Freizeit für gleiches Geld‘. Aber wollen wir eine Gesellschaft, die nach Optimierung der persönlichen Work-Life-Balance strebt und dabei die Hilfsbedürftigen vergisst?“, sagte VhU-Präsident Wolf Matthias Mang anlässlich des 3. Forums Wirtschaft und Gesellschaft in Frankfurt.
Das Forum Wirtschaft und Gesellschaft unter dem Titel ‚Die Vier-Tage-Woche. Zukunftsmodell oder Irrweg?‘ widmete sich der Frage, ob die Verkürzung von Arbeitszeit bei vollem oder teilweisem Lohnausgleich ein gutes Rezept ist, dem Fachkräftemangel zu begegnen und welche gesellschaftlichen Auswirkungen es hätte, wenn in Deutschland noch weniger und teurer gearbeitet würde. Prof. Dr. Sascha Stowasser vom ifaa betonte in seiner Key Note, dass es schon jetzt gewaltiger Produktivitätssprünge bedürfe, um die Babyboomer zu versorgen, wenn sie in den nächsten Jahren aus dem Arbeitsleben ausscheiden: „Den erarbeiteten Wohlstand der letzten Jahre werden wir verlieren, wenn die immer weniger werdenden Erwerbspersonen immer kürzer arbeiten wollen. Die Vier-Tage-Woche mit vollem oder teilweisem Entgeltausgleich klingt zwar attraktiv, bedroht jedoch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Ein ausgewogenerer Ansatz ist nötig, um Mitarbeiterzufriedenheit und wirtschaftliche Anforderungen zu vereinen.“
Im darauf folgenden Interview, das Ansätze zur Bewältigung des Fachkräftemangels beleuchtete, betonte Astrid Neben, Chief HR Officer Lufthansa Airlines: „Unser Ziel muss ein wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort Deutschland sein, um attraktive Arbeitsplätze und Wohlstand zu erhalten. Dafür ist eine hohe Wirtschaftlichkeit aber auch die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben unerlässlich. Dies erreichen wir nicht durch starre Arbeitszeitverkürzungen, sondern durch einen modernen, flexiblen Rechtsrahmen, arbeitgeberseitige Angebote sowie staatliche Anreize.“ Die Frankfurter Stadtverordnete Sylvia Momsen (GRÜNE) berichtete von dem Versuch, in einem Pilotprojekt mit der Vier-Tage-Woche die Engpässe in Frankfurter Pflegeheimen zu beheben: „Die Stadt Frankfurt war aufgefordert worden zu prüfen, ob eine Vier-Tage-Woche (32 Stunden) bei gleichbleibendem Lohn die Möglichkeit bieten würde, aus der Pflege ausgeschiedenes Personal zurückzugewinnen. Die Entlastung, der Gesundheitszustand und die Arbeitsfreude sollten an Hand eines Modellprojektes wissenschaftlich begleitet werden. Uns war bewusst, dass es sowohl finanziell, wie personell, wie auch rechtlich große Hürden geben würde. Dies zu durchdenken und Beispiele aufzuzeigen war der Auftrag.“
In der abschließenden Diskussion erklärte VhU-Hauptgeschäftsführer Dirk Pollert, dass es mehr Flexibilität im Arbeitsrecht brauche, z. B. durch ein zeitgemäßes Arbeitszeitgesetz: „Es braucht keine Vier-Tage-Woche, um einen Arbeitsplatz attraktiv zu machen. Viel wichtiger ist es, die Arbeitszeit möglichst flexibel auszugestalten. Dazu gehört insbesondere, dass sich die Höchstarbeitszeit auf die Arbeitswoche und nicht auf den Arbeitstag bezieht. Dann finden Arbeitnehmer und Arbeitgeber einvernehmlich individuelle Lösungen, die sich von der Erfüllung der Arbeitsaufgabe ableiten.